VORLEBEN vs. DIKTIEREN – Mitarbeiterführung im Mittelstand

„Wie kann ich meine Mitarbeiter motivieren?“ – „Wieso werden meine Anweisungen nicht immer ausgeführt?“ – „Bei den ganzen Fehlern, die passieren mache ich die Arbeit lieber selber!“

Diese Aussagen höre ich wiederholt in meinem Arbeitsalltag und nicht immer gibt es eine offensichtliche Antwort auf diese Fragen. Ich möchte mich heute zwei grundlegend unterschiedlichen Möglichkeiten widmen Mitarbeiter zu führen, ich werde Pros und Kontras anführen und zuletzt ein Fazit ziehen.

 

 

Das Diktieren – der Boss sein

Die meisten kleinen und mittelständischen Unternehmer/innen haben sich im Laufe ihrer beruflichen Laufbahn von einem/einer Angestellten zu einem/einer Selbstständigen weiterentwickelt. Der Wunsch nach Unabhängigkeit, beruflicher Selbstverwirklichung, wirtschaftlichem Erfolg oder einfach eine Chance (die zu gut war um sie auszuschlagen) sind die häufigsten Gründe warum ein/e Angestellte/r die Entscheidung trifft das „Risiko“ der Selbstständigkeit einzugehen.

Das Wissen und die Fertigkeiten, die ein solche/r Selbstständige/r besitzt sind meist eine hohe fachliche Kompetenz, Zuverlässigkeit und Fleiß. Schnell stellt sich der erste Erfolg ein, die Auftragsbücher sind voll, es muss Personal her.

Schon an diesem Punkt mangelt es den meisten Jungunternehmern/innen an den nötigen Kenntnissen und Erfahrungen, um die richtigen Mitarbeiter auszuwählen und einzustellen. Doch nun fängt das Problem erst an. Mangels anderem Wissens werden die Mitarbeiter so geführt, wie der/die Unternehmer/in sich selbst führt. D.h. die Mitarbeiter sollen (müssen) so arbeiten wie der Chef selbst, um seine Zufriedenheit und Wohlwollen zu erlangen. Geschieht das nicht, so erfolgt mit wachsendem Erfolgsdruck auf den/die Unternehmer/in, eine verbale Rüge oder gar kurzfristige Missachtung.

Es entsteht eine Situation in dem die Arbeitnehmer Angst haben Fehler zu begehen oder diese gar einzugestehen. Dies übt Druck aus und kann zwei Dinge hervorrufen.

1. Die Mitarbeiter schieben sich gegenseitig die Schuld für begangene Fehler zu, anstatt nach einer Lösung zu suchen. Die Fehler passieren immer wieder, da nicht an der Beseitigung der Ursache gearbeitet werden kann.

2. Die Mitarbeiter bilden eine Opposition, um sich selbst zu schützen. Mögliche Probleme dringen erst spät oder gar nicht bis zum/zur Unternehmer/in vor, welcher dann nicht in der Lage ist auf diese rechtzeitig einzuwirken.

 

 

Das Vorleben – der/die Anführer/in sein

Evolutionär gesehen sind wir Menschen Herdentiere die Ihre soziale Reife erst in einer Gruppe erlangen und einen sozialen Status in einer Gruppe benötigen um zufrieden zu sein.

Der als positiv wahrgenommene soziale Staus variiert je nach Persönlichkeit, sodass in jeder Gruppe (größer 4) verschiedene rangdynamische Positionen entstehen und unterbewusst eingenommen werden.

1. Alpha – „der/die Anführer/in“

Führt die Gruppe an und ist abhängig davon ob die Gruppe Ihm/Ihr folgt.

 

2. Beta – „der/die Experte/in“

Die Berater: Sie sind abhängig von Alpha um an seiner/ihrer „Macht“ teilzuhaben.

 

3. Gamma – „einfaches Gruppenmitglied“

Identifiziert sich mit den Ansichten des Alpha und arbeitet diesem/r zu. (kein Interesse zu führen)

 

4. Omega – „Gegenposition zum Alpha“

Zeigt als erstes Widerstand gegen die von Alpha ausgerufenen Ziele. Wichtiger Qualitätsindikator für den Gruppenzusammenhalt.

 

Wer effektiv und konstruktiv führen möchte, muss sich also das Wohlwollen und den Respekt der Gruppe sichern. Die meisten Unternehmer/innen erlangen ihre Position soziologisch betrachtet allerdings nicht auf natürlichem Wege, sodass sich die Identifizierung der Gruppe mit Ihrem/r „Vorgesetzten“ Alpha erst entwickeln muss.

Sobald diese Identifizierung stattgefunden hat ist es dem/der Unternehmer/in möglich durch sein/ihr Handeln und seine Ziele die Gruppe positiv zu beeinflussen. Die Ziele des/der Unternehmers/in (Alpha) werden automatisch als Gruppenziele adaptiert.

Das Risiko des/der Unternehmers/in ist es diese Identifikation über lange Zeit aufrechtzuerhalten und neue Gruppenmitglieder zu überzeugen. Gleichzeitig darf es nie zu einer Manipulation der Gruppe aus persönlichen Gründen kommen, da ansonsten die Glaubwürdigkeit verloren geht.

 

 

Das Fazit

Diese konträren Wege Mitarbeiter zu führen haben Vor- und Nachteile und selten wird man in der Realität eine Reinform von beiden antreffen.

Die Frage, die sich jede/r Unternehmer/in stellen muss, ist:

„Bin ich bereit meine Zeit und Energie dafür aufzuwenden langfristig zufriedene Mitarbeiter zu haben, oder suche ich mir die Mitarbeiter die zu mir passen?“

Eine Frage die sich viele unserer unternehmerischen Vorbilder nicht stellen mussten, gleich welchen Weg sie genommen haben. In einer Zeit da Personal kein Mangel war, konnten beide Wege langfristig zum Erfolg führen.

In der heutigen wirtschaftlichen und Arbeitsmarkt – Situation, müssen wir uns dieser Frage eindringlicher widmen. Denn ohne zufriedene Mitarbeiter wird es sehr schwer neues dringend benötigtes Personal zu beschaffen.

 

– Adrian Dobe